Am 7. April 2025 fand im stilvollen Ambiente des Kepler Salons in Linz eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „WARM, SATT UND SAUBER – Die Bedeutung von Betreuung und Begleitung im Schatten der Pflege“ statt. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe organisiert und rückte zentrale Fragen der Behindertenbetreuung und Inklusion in den Fokus. Im Mittelpunkt stand die Frage: „Was braucht es wirklich für ein menschenwürdiges Leben?“ Betreuung wurde dabei als umfassende agogische Aufgabe verstanden, die weit über die reine Grundversorgung hinausgeht – mit Bildung, Beziehung und Selbstbestimmung als Kern.
Mit Dominika Meindl als Moderatorin diskutierten Cornelia Zefferer (Leiterin der Caritas-Schule), Ewald Feyerer (ehemaliger Leiter des Instituts für inklusive Pädagogik) und Volker Schönwiese (Erziehungswissenschaftler und Behindertenrechtsaktivist).
Cornelia Zefferer schilderte die zunehmende Fokussierung auf funktionale Pflege in der Begleitung von Menschen mit Behinderung und stellte fest: „Pflege darf nicht nur versorgen – sie muss auch begleiten, verstehen und stärken.“ während Ewald Feyerer darauf verwies, dass Betreuung als Agogik – also als professionelle Begleitung – verstanden werden muss und Bildung eine entscheidende Grundlage für selbstbestimmte Teilhabe darstellt. Volker Schönwiese mahnte, bezugnehmend auf das soziale Modell von Behinderung, ein, dass gesellschaftliche Barrieren und nicht individuelle Defizite die Teilhabe erschweren. Darüber hinaus wurde an diesem Abend auch die Geschichte der österreichischen Behindertenhilfe thematisiert – von den NS-Verbrechen bis hin zu den institutionellen Strukturen der Nachkriegszeit.
Im vollbesetzten Kepler Salon entwickelte sich eine intensive und dichte Gesprächskultur mit vielen Fragen an die Expert:innen. Die Beiträge der Gäste ermöglichten eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten von Menschen mit Behinderungen, ihren alltäglichen Herausforderungen und dem Erfordernis professioneller Unterstützung. Sie machten deutlich, wie wichtig das Verständnis individueller Lebensgeschichten, persönlicher Erfahrungen und eine fachlich professionelle Begleitung für eine gelingende inklusive Arbeit sind.
Die Conclusio des Abends war eindeutig:
Für die Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderungen braucht es mehr als eine reine Grundversorgung. Betreuung darf nicht auf die Versorgung körperlicher Grundfunktionen reduziert werden – sie ist eine ganzheitliche Aufgabe, die auf Beziehung, individuelle Förderung und respektvolle Begegnung basiert. Dementsprechend benötigen Betreuungskräfte eine fundierte Aus- und Weiterbildung in inklusiver Pädagogik und professioneller Beziehungsarbeit. Ziel jeder Betreuung muss es sein, Menschen mit Behinderungen in ihrer ökonomischen, sozialen, emotionalen und persönlichen Teilhabe zu stärken. Betreuung ist längst mehr als reine Versorgung. Sie ist ein gesellschaftlicher Auftrag, in dem Bildung, Beziehung und Menschen-rechte zentrale Rollen spielen. Gefordert wird daher eine umfassende pädagogische Qualifizierung von Betreuungspersonen und Strukturreformen, die gelebte Inklusion ermöglichen sowie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich.
Aktuell bleibt der Weg zu echten Inklusion jedoch herausfordernd: Fortbestehende Stereotype und strukturelle Barrieren verhindern nach wie vor eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Fazit: Eine gelungene Veranstaltung mit regem Publikumsinteresse, die ein wichtiges und komplexes Thema angestoßen und für die weitere Diskussion geöffnet hat.
Weitere Infos zur Veranstaltung:
https://www.jku.at/kepler-salon/ereignisse/detail/news/warm-satt-und-sauber/
https://www.youtube.com/watch?v=A_jSfIBaVUA